Morgens um 7 Uhr erreichten wir ziemlich müde von der wenig erholsamen Nacht im Zug den Bahnhof von Lao Cai. Hier ist Endstation für den Zug, denn Sapa ist eine kleine Stadt in den Bergen, die keinen eigenen Bahnhof besitzt. Die restlichen Kilometer bis nach Sapa legt man im Auto, auf dem Motorbike oder im Minibus zurück. Kurz vor dem Ziel wartet dann die grösste Herausforderung für alle Reisenden am Bahnhof von Lao Cai in Form duzender Taxi-, Minibus- und Motorbikefahrern. Glücklicherweise wurden wir vor den dreisten, aufdringlichen und skrupellosen Leuten gewarnt, die in den Zug springen, sobald dieser angehalten hat, um Jagt auf potentielle Kundschaft zu machen. Für uns ist diese "Begrüssung" ohne Probleme abgelaufen, da wir bestens informiert waren, welche Preise für die Strecke angemessen sind. Einige Minuten später sassen wir im Bus nach Sapa und genossen den wunderschönen Ausblick während der Fahrt.
Die Stadt liegt auf 1600 Höhenmeter im Hoang Lien Gebirge, einem östlichen Ausläufer des Himalaya, nahe der chinesischen Grenze. Auch der höchste Berg Vietnams, der 3100 Meter hohe Fansipan befindet sich nur wenige Kilometer von Sapa entfernt. In der Region leben viele ethnische Minderheiten, die heute noch einen traditionellen Lebenstil pflegen und das Landschaftsbild mit ihren Reisterrassen prägen. Zu den bekanntesten gehören die Black H'mong, Red Dzao und Tay Minderheiten. Da in den letzten 10 Jahren immer mehr Touristen nach Sapa kamen, haben sich viele Frauen der Bergvölker aufs Verkaufen von Souvenirs spezialisiert, so dass man heute als westlich aussehende Person oft von ihnen angesprochen und in ein Gespräch verwickelt wird, damit man ihnen danach etwas abkauft. Auch Reisebüros, die geführte Trekkingtouren durch die Berge anbieten, sind wie Pilze aus dem Boden geschossen. Bei vielen Firmen bedeutet eine "geführte Tour" aber lediglich, dass ein "Guide" voraus läuft, der kein Wort Englisch spricht und man deshalb nichts über die Menschen und ihre Lebensweise lernt. Diese Enttäuschung wollten wir vermeiden und haben daher bei einem kleinen, lokalen Veranstalter, der jungen H'mong Menschen eine Ausbildung und einen sicheren Arbeitsplatz bietet, eine Trekkingtour gebucht. Obwohl wir trotz der vielversprechenden Tour immer noch ein wenig skeptisch waren, haben sich jegliche Zweifel in Luft aufgelöst als wir am nächsten Tag unseren Guide Peng kennengelernt haben, die uns für einen Tag durch die umliegenden Dörfer geführt hat. Sie ist kaum grösser als 1.50 m, 23 Jahre alt und die liebenswerteste Person, die man sich nur vorstellen kann. Eigentlich habe ich mich vor allem auf die schöne Landschaft auf der Wanderung gefreut, doch jetzt erinnere ich mich vor allem an unsere Begegnung mit Peng.
Nachdem die üblichen Fragen, die einem jede H'mong Frau stellt, (where are you from? what is your name? how old are you? are you married?) geklärt waren, erzählte sie mir von ihrer schwierigen Vergangenheit mit ihrem Ex-Mann, der sie geschlagen und bedroht hat aber auch von ihren Hobbies, ihrem Sohn, ihren Freunden und natürlich auch viel über ihr Volk, die Black H'mong. Wir verstanden uns so gut, als ob wir alte Freundinnen wären und haben während der Wanderung viel zusammen gelacht und geplaudert.
Peng und Ich |
ja,sie ist wirklich klein...;) |
Die H'mong Völker sind eine ethnische Minderheit, deren Wurzeln in China und der Mongolei bis 4000 Jahre zurückgehen. Neben den Black H'mong gibt es auch andere Stämme, die sich vor allem durch ihre Bräuche und Kleidung voneinander unterscheiden. Nachdem die H'mong Völker in China von den dort lebenden Han-Chinesen immer mehr zurückgedrängt wurden, wanderten viele von ihnen nach Thailand, Vietnam und Laos aus, wo sie heute vor allem in Berggebieten leben. Einige von ihnen wurden aber während der Indochinakriege aus ihrer Heimat vertrieben und flüchteten nach Amerika, Europa und Australien. Insgesamt gibt es zur Zeit etwa 4 Milionen Menschen, die der H'mong Ethnie angehören. Die H'mong, die sich selbst als "freie Menschen" bezeichnen, leben in grossen Familien und Sippen, die Essen, Haus, Felder und Tiere miteinander teilen und sich in schwierigen Zeiten unterstützen. Rat wird meistens bei der älteren Generation gesucht, die besonders respektiert und angesehen ist. Obwohl die H'mong nicht einer bestimmten Religion zugeordnet werden können, praktizieren sie teilweise den Bhuddismus, Taoismus, Ahnenkult und verehren Naturgeister.
Die Wanderung mit Peng hat uns beiden sehr gut gefallen und wir haben viel Interessantes über dieses Volk gelernt. Doch in Sapa gibt es neben den Bergvölkern auch wunderschöne Natur, herrliche Passtrassen und Wasserfälle zu erkunden. Aus diesem Grund beschlossen wir, ein Motorbike zu mieten und uns auf die Suche nach diversen Wasserfällen zu machen, die etwas ausserhalb von Sapa liegen. Die Fahrt führt über eine Passtrasse nahe an der chinesischen Grenze entlang und es ist allein wegen des Ausblicks über die Täler lohnenswert, eine Motorrad-Tour zu machen. Die Wasserfälle, die sich in Asien grosser Beliebtheit erfreuen, wie wir schon in Thailand festgestellt haben, waren viel spektakulärer als wir gedacht haben. Vor allem der mehrstöckige Paradise Waterfall hat und sehr beeindruckt.
Paradise Waterfall |
Fansipan |
Einen weiteren Wasserfall erreicht man nur über einen kleinen Wanderweg, der einem durch die grüne Landschaft Nordvietnams führt, vorbei an grasenden Wasserbüffeln und einer genialen Aussicht auf die Berge. Interessanterweise sehen die Berge der "vietnamesichen Alpen", wie das Gebirge auch genannt wird, sehr anders aus, als wir es uns gewohnt sind. Die unterschiedliche Zusammensetzung des Gesteinsmaterial und natürlich andere Plattenbewegungen haben bewirkt, dass die Berge auch im Norden Vietnams eher an die Kalksteinfelsen der Halong Bucht erinnern, als an Berge der Schweizer Alpen.
Unser Aufenthalt in Sapa war leider auf zwei Tage begrenzt, da wir uns entschieden haben danach mit dem Bus in die Bac Ha Provinz zu fahren, um dort den bekannten Sonntagsmarkt der Flower H'mong Menschen zu erleben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen